Wahre Geschichte.
Sogar die einzige dieser Art. Die einzige, die aufgeschrieben wurde.
Der einzige Bericht von einem Afrikaner, der als Sklave nach Brasilien verschleppt wurde.
Und das bei Millionen von Sklaven.
Die Biografie von Mahommah Gardo Baquaqua *
Mahommah wurde irgendwann um 1820 in der Region des heutigen Burkina Faso, Niger und Mali geboren. Sein Vater war arabischer Abstammung und praktizierender Muslim, seine Mutter eine dunkle Afrikanerin eines anderen Stammes.
Sein Vater schickt ihn in die Schule, weil er für die Moschee bestimmt ist, doch Mahommah läuft immer wieder weg, um bei Verwandten zu arbeiten, bis er beim König seiner Stadt landet und anfängt, für ihn zu arbeiten.
Dem König gefällt die Arbeit und er gewinnt sein Vertrauen und seine Gunst, was Neid bei anderen hochrangigen Bewohnern hervorruft. Die beschließen, Mahommah aus dem Weg zu räumen.
Ihm wird eine Falle gestellt, so dass er sich schon bald als Gefangener in einer fremden Stadt wiederfindet. Bis dahin ein freier Mann, wird er nun als Sklave durch sein Land getrieben. Über viele Wochen reist er mit seinen Händlern Richtung Küste, wird immer wieder weiter verkauft und trifft in der letzten Stadt sogar einen ehemaligen Stammesgenossen, den ein ähnliches Schicksal ereilt hat.
Doch das Wiedersehen währt nur kurz, den Mahommahs Weg geht noch weiter. Er wird auf eines der Sklavenschiffe gebracht, ohne auch nur eine Ahnung von dem zu haben, was vor ihm liegt.
Unter schlimmsten Bedingungen auf dem Schiff, was er als “most horrible of all places” beschreibt, kommt er nach Monaten in Pernambuco an.
Die Sklaverei ist zu der Zeit in einigen Ländern bereits abgeschafft und der Sklavenhandel findet auch in Brasilien nicht mehr in aller Öffentlichkeit statt, trotzdem ist ein Ende der Sklaverei dort noch nicht in Sicht.
Mahommah wird mit einigen Zwischenstationen an einen Bäcker in Pernambuco verkauft. Dort lernt er auch den christlichen Glauben kennen, der später zu seinem Lebensinhalt werden soll.
Zunächst bemüht er sich, seinen neuen Herrn zufriedenzustellen, schleppt Steine auf dem Kopf, lernt Portugiesisch und verkauft später Brot. Doch da er trotz guter Arbeit unmenschlich behandelt und immer wieder bestraft wird, nimmt er sich ein Beispiel an den älteren Sklaven seines Herrn und fängt an zu trinken, seine Arbeit schlecht zu erledigen und alles zu tun, damit sein Herr ihn weiter verkauft.
Als das nicht gelingen will, versucht er, sich zu ertränken, doch auch das wird vereitelt. Er wird gerettet und nach Rio de Janeiro verkauft.
Dort kauft ihn ein Kapitän, der mit verschiedensten Gütern handelt. Mahommah muss auf dem Schiff hart arbeiten, findet sich aber gut ein, wie er selbst schreibt. Sein Fleiß gefällt dem Kapitän, doch dessen Frau macht dem Sklaven immer wieder das Leben schwer.
Mit dem Handelsschiff reist Mahommah nach Rio Grande, Santa Catarina und am Ende nach New York. Schon als von Amerika die Rede ist, erfährt er, dass dort die Sklaverei verboten ist, und dass er dort ein freier Mann wäre. Alle Arbeit auf dieser Reise geht im leicht von der Hand, in Gedanken ist er schon ein freier Mann.
Doch in New York angekommen tut sein Herr alles, um ihn an der Flucht in die Freiheit zu hindern. Er wird verprügelt und eingesperrt, flieht und wird wieder eingefangen, bis die amerikanische Polizei ihn holt und den Fall untersucht.
Der brasilianische Konsul wird zur Rate gezogen, die Sklaven werden immer wieder verhört. In der Nacht, bevor sie wahrscheinlich doch zurück aufs Schiff geschickt werden, befreien amerikanische Abolitionisten sie aus dem Gefängnis und bringen Mahommah nach Boston, wo er einige Wochen bleibt.
Er wird vor die Wahl gestellt, nach England oder Haiti zu reisen und entscheidet sich für das Klima auf Haiti. Als freier Mann wird er dort willkommen geheißen, doch nach den ersten Wochen fehlt ihm immer noch ein Job und eine Unterkunft.
Er schlägt sich auf der Straße durch, bis der General einen Missionar bittet, sich um ihn zu kümmern.
Dieser Missionar gibt Mahommah Arbeit, Unterkunft und behandelt ihn so freundlich, wie niemand zuvor. Er lehrt ihn die christlichen Werte und Mahommah findet zu Christus und lässt sich taufen.
Als in Haiti Unruhen ausbrechen, reist er mit der Frau des Missionars zurück nach New York, um dort alles zu lernen, was ein Missionar können muss, denn er will seinen neuen Glauben in seine alten Heimat tragen. 3 Jahre lang besucht er dort die Schule, arbeitet und lernt an verschiedenen Orten bei seinen Glaubensbrüdern und zieht schließlich nach Kanada.
Von dort wartet er darauf, seine Reise nach Afrika antreten zu können.
Wie die Geschichte weiter geht, ist nicht bekannt.
Aber dieses Buch liefert einen einzigartigen Einblick in das Leben eines Sklaven. Gerade weil das Beschriebene sich teils sehr von dem unterscheidet, was man sich so vorstellt, gerade als Capoeirista.
Mahommah ist kein Wilder aus dem Dschungel, Muslim, wird nicht von Weißen gefangen und versklavt und arbeitet auch nicht auf einer Plantage, wie man sich das Sklavenleben eben so vorstellt. Seine Geschichte ist sicher nicht repräsentativ für einen Sklaven in Brasilien, aber sehr interessant und informativ.
Das Buch beschreibt eben nicht nur die oben zusammengefasste Geschichte, sondern auch den Alltag und die Gewohnheiten in seiner Heimat Afrika. Und da sind wirklich spannende Einzelheiten bei, von lustigen Begebenheiten bis zum Aufbau eines typischen Dorfes: Der Leser erfährt viel über das Leben und die Bräuche in Afrika.
Im Verlauf der Geschichte geht Mahommah auch immer wieder auf Unterschiede und Parallelen zwischen der amerikanischen und der afrikanischen Gesellschaft ein und erzählt unterhaltsame Geschichten, wie beispielsweise die Diskussion mit einem Amerikaner über die Herkunft des Schattens.
Das Buch ist bisher nur auf Englisch verfügbar, aber da es in sehr einfachem Englisch verfasst ist, kann man es auch mit mittelguten Kenntnissen gut verstehen.
Fazit:
Ein einzigartiger Einblick in die Geschichte, der für jeden Capoeirista interessant ist. Das Buch ist mit 100 Seiten kurzweilig und schnell zu lesen, auch wenn man nicht perfekt Englisch spricht.
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